Einen veganen Lifestyle verbinden viele Menschen in erster Linie mit einer Ernährungsform, die von tierischen Anteilen frei ist: kein Fleisch, kein Fisch, kein Ei und keine Milchprodukte. Genau genommen bedeutet Veganismus aber mehr als das. Wer wirklich vegan lebt, verzichtet vollständig auf Produkte mit Inhalten tierischen Ursprungs. Das umfasst neben der Ernährung weitere große Bereiche unseres Lebens, wie z.B. vegane Kosmetik, veganes Home & Decor und vegane Kleidung. Lies hier mehr zum ethischen Hintergrund eines veganen Lifestyles.
Komplett vegan leben ist gar nicht so einfach
Damit ist nicht die manchmal limitierte Verfügbarkeit veganer Alternativen oder der Rechtfertigungsdruck im Familien- und Freundeskreis gemeint. Stattdessen geht es darum, dass es als durchschnittlicher Konsument schwierig sein kann, eine informierte Kaufentscheidung zu treffen. Manchmal ist die Entschätzung einfach:
- Mettbrötchen, Pelzmantel und Ledercouch - NEIN
- Karotten, Leinenhemd und Holzkochlöffel - JA
Aber dazwischen gibt es viele Produkte, bei denen schwer zu erkennen ist, ob tierische Bestandteile enthalten sind.
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Im Food-Bereich gibt die Zutatenliste schon einen ganz guten Überblick darüber, was alles im Produkt zu finden ist. Aber nicht jedes Detail der Produktion ist in dieser Liste zu erkennen. So finden sich z.B. auf handelsüblichen Weinflaschen keine Hinweise dazu, dass tierische Eiweiße wie Eiklar, Fischblasen oder Gelatine im Klärungsprozess der Weinproduktion verwendet werden. Außerhalb des Lebensmittelbereiches wird es aber noch viel undurchsichtiger.
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So wird zum Beispiel nur eine Minderheit der Konsumenten aus den lateinischen Zutatenlisten von Kosmetikprodukten schlau. Tauchen dort Glycerin, Lanolin, Keratin, Kollagen, Schellack oder Elastin auf, ohne dass ein glaubwürdiges Prüfsiegel explizit bestätigt, dass es sich um ein veganes Produkt handelt, so hält man recht sicher eine Creme oder Lotion mit tierischen Inhaltsstoffen in der Hand. Hier sind dann so schöne Ingredienzen wie zermahlene Knochen, Sehnen, Hufe, Hahnenkämme oder Talgdrüsensekret von Schafen und Rindern enthalten. Yikes!!
Veganer Lifestyle geht nur mit der Entscheidung für vegane Kleidung
Im Modebereich sind natürliche Materialien stark nachgefragt und genießen hohes Ansehen, während synthetische Materialien oft als minderwertig betrachtet werden. Wie so oft lohnt sich ein genauerer, differenzierterer Blick auf die Sachlage. Mittlerweile gibt es für vegane Kleidung zahlreiche synthetische Stoffe, die natürlichen Materialien in Sachen Optik und Komfort in nichts nachstehen und ihnen teils sogar überlegen sind. Ein Beispiel dafür sind moderne Funktionsmaterialien. Außerdem sind nicht alle natürlichen Stoffe automatisch umweltfreundlich oder ethisch einwandfrei. Der Anbau von Baumwolle verbraucht z.B. extrem viel Wasser. Aus ethischer Sicht sind aber vor allem die tierischen Materialien problematisch. Vegane Kleidung verzichtet komplett auf Fell, Leder, Wolle und Seide, denen leider noch immer das Image von Glamour, Extravaganz und Qualität anhaftet. Aber nach und nach entscheiden sich immer mehr Konsumenten und auch Marken aktiv gegen diese Produkte. Denn der luxuriöse Schein ist nicht von grausamem Tierleid zu trennen.
Pelz geht gar nicht - in keinem Szenario
Die Wahrnehmung der Fellindustrie hat sich in dieser Hinsicht bereits stark gewandelt. Felle haben ihr Ansehen als Statussymbol in weiten Teilen verloren. Wer heute mit einem Fellmantel auf die Straße geht, muss damit rechnen, mit Farbflecken, missbilligenden Blicken und vielleicht auch kritischen Kommentaren wieder nach Hause zu kommen. Die Bilder von niedlichen Mardern, denen in russischen Fabriken für Mäntel und Muffs das Fell über die Ohren gezogen wird, haben über zahlreiche Kampagnen offenbar ihren Weg ins Bewusstsein der Gesellschaft gefunden.
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Dennoch geht es der Pelzindustrie prächtig und vegane Kleidung ist noch lange nicht die Regel. Wenn auch weniger Vollpelzmäntel getragen werden, so sind doch Jacken, Mützen und Accessoires mit Fellbesatz nach wie vor beliebt. Hier ein lustiger Bommel aus Kaninchen, da ein plüschiger Kragen aus Fuchs. Das Argument, dass Kaninchen und Füchse ja ohnehin eine Plage sind, hinkt angesichts der Tatsache, dass die meisten für Mode verwendeten Felle nicht vom Förster next Door an die Modekonzerne verkauft werden. Stattdessen werden sie größtenteils in Billiglohnländern eingekauft, wo die Herstellung unter schwer nachvollziehbaren Umständen erfolgt (Zeit).
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Leder ist abgezogene Tierhaut
Das sind shocking news! Naja nicht wirklich. Dennoch ist das Problembewusstsein im Bereich Leder längst nicht so ausgeprägt wie bei Pelz. Dabei ist die Sachlage fast identisch. Es handelt sich um Haut, die Menschen gewaltsam von Tieren nehmen. In der einen Version sind noch Haare dran, in der anderen nicht. Wer die Verwendung von Leder verteidigt, argumentiert häufig damit, dass es sich hierbei ja nur um ein Beiprodukt der Fleischindustrie handelt. Aber nur weil der undankbare Job der Tierquälerei schon von der dreckigen Schwesterindustrie erledigt wird, macht das den Umstand nicht besser. Umgekehrt könnte ja auch die Fleischindustrie argumentieren, dass das Fleisch ein Nebenprodukt der Lederindustrie sei. Egal wie man es dreht und wendet: Leder ist und bleibt einfach die Haut eines toten Tieres, das uns diese nicht freiwillig abgegeben hat und das in den meisten Fällen ein qualvolles Leben hatte. Und wofür? Damit Menschen sich ein drittes Paar weiße Ledersneaker und dazu noch ein fancy Beef Tartare genehmigen können. Ist das okay? Eher nicht. Wer damit nichts zu tun haben will, sollte auf Leder vollständig verzichten und auf vollständig vegane Kleidung setzen.
Seide tötet ihre Produzenten
Dass Seide ein tierisches Produkt ist, haben viele zunächst nicht auf dem Schirm, wenn sie an vegane Kleidung denken. Wenn doch, dann geht das Wissen über die Seidenproduktion selten darüber hinaus, als dass Seide aus den Spinnfäden der Seidenspinnerraupen hergestellt wird. Das hört sich ja zunächst recht harmlos an. Ist es aber nicht. Denn tatsächlich müssen für 1 Gramm Seide 15 Raupen sterben. Für die Ernte der Fäden werden diese in ihren Kokons, in die sie sich eingesponnen haben, um zum Schmetterling zu reifen, bei lebendigem Leib gekocht. Danach wird der "intakte" - sprich unzerbissene Kokon weiterverarbeitet.
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2019 wurden laut Peta 1,9 Billionen Raupen für die Seidenproduktion getötet. Viele Menschen haben wenig Mitgefühl mit Insekten und Kriechtieren. Aber auch diese Wesen, die uns zwar sehr fremd sind, da wir ihre (Körper-) Sprache nicht verstehen und sie keine Mimik zeigen, haben ein Schmerzempfinden und einen Lebenswillen. Die Qual von unzähligen Raupen für eine glänzende Seidenbluse ist also real.
Auch Wolle hat ihr freundliches Image nicht verdient
Vegane Kleidung ist auch nicht mit der Verarbeitung von Wolle vereinbar. Dabei genießt Wolle einen hervorragenden Ruf: Warm, Schmutz- und Geruchsabweisend, natürlicher Herkunft und die Schafe, die ihr Leben lang glücklich von Wiese zu Wiese wandern, brauchen ja ohnehin die Schur. Oder? Nein.
- Erstens ist keine natürlich vorkommende Tierart in irgendeiner Form auf die Hilfe von Menschen angewiesen. Die Schur von Schafen ist nur deshalb nötig, weil den Tieren der natürliche Fellwechsel weggezüchtet wurde. Das nennt man auch Qualzucht.
- Und zweitens ist auch das Bild des glücklichen Schafes auf der Weide für industrielle Wollprodukte irreführend. Was in der Massenproduktion von Wolle passiert, ist tatsächlich sogar ziemlich grausam.
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Tierquälerei für bessere Wollqualität
Allem voran sind die Praktiken des Mulesing und das Sheep Dipping zu nennen. Beim Mulesing werden dazu den Tieren tellergroße Fleischstücke rund um den After weggeschnitten. Der (Un-)Sinn dahinter: es soll an dieser Stelle eine glatte Narbe entstehen, an der sich weniger Kot- und Urinreste verfangen können. Dass das überhaupt ein Problem ist, daran ist der Mensch Schuld. Dadurch, dass für die Wollproduktion Schafe mit extra viel Hautfalten gezüchtet werden (viel Haut = viel Wolle), kommt die übermäßige Verschmutzung am Hinterteil überhaupt erst zustande. Mulesing ist äußerst schmerzhaft für die Tiere, da es meist ohne Betäubung und Wundnachsorge praktiziert wird. In der EU und auch in Neuseeland ist diese Praktik bereits verboten. Aber in Australien, einem der Hauptexporteure für Wolle, ist dieses Vorgehen nach wie vor erlaubt.
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Sheep Dipping ist der Name einer weiteren gruseligen Prozedur, bei der Schafe von Kopf bis Fuß in ein Chemikalienbad voller Pestizide getaucht werden. Dadurch soll die Wolle vor Pilzen und Parasiten geschützt werden. Und auch bei der Schur werden viele Tiere verletzt. Die Bezahlung der Arbeiter erfolgt pro geschorenem Schaf. Dementsprechend grob ist der Umgang mit den Tieren und viele tragen Schnittverletzungen davon. Haben Schafe in der Wollproduktion ausgedient, kommen sie zum Schlachter. Bestenfalls ist der nicht weit entfernt, häufig werden die Tiere jedoch viele Kilometer weit lebend transportiert, zum Beispoiel in den Nahen Osten. Sie sind dabei eng eingepfercht, bekommen weder Wasser noch Nahrung und kommen je nachdem halbtot oder auch ganz tot am Bestimmungsort an. (Peta)
Bei anderen Wollarten ergeht es den Rohstofflieferanten nicht besser. Wer z.B. mehr dazu lesen will, wie für super weiche Angora-Wolle lebenden Kaninchen in China das Fell ausgerissen wird, kann auf der Seite von Peta nachschauen. Aktuell gibt es auch ein neues Garn auf dem Markt, das ausgekämmte Hundehaare als Basis benutzt. Der Grundgedanke, dass damit Fellpflege von Hunden mit ethisch vertretbarer Wolle vereint wird, ist auf den ersten Blick ansprechend. Wohin das bei steigender Nachfrage führt, darf sich aber jetzt jede*r selber einmal entlang der Stichworte Massentierhaltung, Fellernte und Qualzucht ausmalen. Wem das Wohl von Tieren am Herzen liegt, kommt nicht an einer Umstellung auf vegane Kleidung vorbei.
What about...
Egal was wir tun, je nachdem aus welchem Blickwinkel wir es betrachten, gibt es an fast allem etwas auszusetzen. Fleisch ist unethisch und schlecht für's Klima, Sojaanbau schadet dem Regenwald, Nahrungsergänzungsmittel sind hochverarbeitete Astronautennahrung, Gemüse ist mit Schadstoffen belastet, enthalt zu viel oder zu wenig von irgendeinem Stoff, Süßigkeiten enthalten keine Vitamine, Äpfel haben zu viel Fruktose, Dreck macht krank, Desinfizieren macht krank, einen ungeliebten Job kündigen ist riskant, einen ungeliebten Job behalten ist feige... undsoweiterundsofort.
Auf die Bekleidungsindustrie übertragen stehen sich Problembereiche wie Tierwohl, soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz, Biodiversität, Wasserverbrauch, Wasserqualität, fossile Rohstoffe gegenüber. Alle gleichzeitig zu überblicken und zu bedienen ist eine kolossale Aufgabe. Damit die Komplexität und der Whataboutism uns nicht lähmt, haben wir für unser Label entschieden, dass Nachhaltigkeitsfaktoren wie Klimawirkung, Artenschutz und soziale Gerechtigkeit zwar im Auge behalten, unser Fokus vorerst aber vor allem auf der Vermeidung von direktem Leid für Menschen und Tiere liegen soll. Deshalb verpflichten wir uns nur 100% vegane Kleidung anzubieten. Um auch dafür Sorge zu tragen, dass durch die Produktion unserer Produkte keine Menschen zu Schaden kommen, lassen wir ausschließlich in der EU fertigen und schauen uns vor Beauftragung unserer Dienstleister die Produktionsbedingungen mit eigenen Augen an.
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Du sendest Signale - achte darauf welche
Zum Abschluss noch ein wichtiger Gedanke, der sich an alle richtet, die weiterhin die Fellmützen, Lederjacken, Seidenblusen und Wollpullis tragen möchten. Die Entscheidung dies zu tun ist eine Entscheidung FÜR Tierquälerei. Klar ist das Kleidungsstück bereits produziert und gekauft und das Tier unwiederbringlich gestorben. Aber sobald andere Menschen uns sehen können, senden wir mit unserer Kleidung auch ein Signal. Tragen wir gemütliche Jogginghosen, signalisieren wir, dass wir es gerade bequem brauchen, tragen wir eine teure Abendgarderobe, teilen wir unserem Umfeld mit, dass es etwas zu feiern gibt oder wir jemanden beeindrucken möchten. Und tragen wir Wolle, Pelz, Seide oder Leder, dann sagen wir damit, dass wir diese Materialien in Ordnung finden. Wie lange dieses Kleidungsstück schon in unserem Besitz ist und wer es schon vorher getragen hat - das ist allerdings eine Information, die wir unserer Aussenwelt nicht mitgeben. Fazit: Trägst du den Netz von Oma Erna auf, dann bist du für Außenstehende in erster Linie jemand, der Pelz trägt und nicht jemand, der Second Hand Kleidung wertschätzt. Und warum ist es wichtig was die anderen denken? Weil wir Menschen soziale Wesen sind, die sich stark am Verhalten ihrer Mitmenschen orientieren. Achte also darauf, was du deinem Umfeld non-verbal über deine Einstellungen mitgibst.
Wenn du denkst, dass menschliche Eitelkeit, Ego und Bequemlichkeit keine guten Gründe für die systematische und qualvolle Ausbeutung von Tieren sind, dann setze dein Signal zugunsten von veganer Kleidung. Solltest du bis hierhin gelesen haben und jetzt feststellen, dass du deine Lederlatschen ersetzen möchtest, dann werf' doch einen Blick in unseren Onlineshop. Dich erwarten dort fröhliche, coole und minimalistische vegane Schlappen mit anatomisch geformtem Fußbett.
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